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Version [241]

Dies ist eine alte Version von EVTZ erstellt von MarcinKrzymuski am 2015-10-29 11:08:09.

 

Europäischer Verbund für territoriale Zusammenarbeit



A. Allgemeines
Die EVTZ sind juristische Personen (Art. 1 Abs. 3 EVTZ-VO) die für die Erleichterung und Förderung der territorialen Zusammenarbeit aus mindestens einem EU-Mitgliedstaat mit einem anderen EU-Mitgliedstaat oder mir einem Drittstaat (Art. 1 Abs. 2 EVTZ-VO) konzipiert worden sind. Dies ist schon deswegen von Bedeutung, dass zum ersten Mal ein unionales Kooperationsinstrument für öffentliche Einrichtungen eigene Rechtspersönlichkeit hat (anderes als z.B. die nur teilrechtsfähige EWIV).
Allerdings bestehen wesentliche Zweifel über die Einordnung der Rechtspersönlichkeit der Verbünde. Man variiert zwischen der unionsrechtlichen und nationalrechtlichen Rechtspersönlichkeit. Ferner ist die Qualifikation der Verbünde als öffentlich-rechtliche bzw. privatrechtliche Person offen.

B. Erwerb der Rechtspersönlichkeit
Die Rechtspersönlichkeit erwirbt der EVTZ Rechtspersönlichkeit mit der Eintragung ins Register oder mit dem Tag der Veröffentlichung der Satzung des EVTZ, je nachdem, was zuerst eintritt (Art. 5 Abs. 1 EVTZ-VO). Diese Rechtspersönlichkeit erlaubt, dass der EVTZ im täglichen Geschäftsverkehr im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Verträge abschließt, Rechte und Pflichte erwirbt und damit das "Projekt-Geschäft" unabhängig von seinen Mitgliedern betreibt.
Über die Notwendigkeit der Registrierung und/oder Veröffentlichung entscheidet das Recht des Sitzstaates des künftigen EVTZs.

1. Rechtslage in Polen
Nach polnischem Recht unterliegen die EVTZ mit satzungsmäßigem Sitz in Polen der Registrierung in einem EVTZ-Register (Art. 8 Abs. 1 polEVTZG). Das EVTZ-Register wird vom für auswärtige Angelegenheiten zuständigen Minister geführt (Art. 7 Abs. 2 polEVTZG). Die Details wurden in einer entsprechenden Rechtsverordnung des Außenministers festgelegt. Mit dem Tag der Registrierung erlangen die EVTZ ihre Rechtspersönlichkeit (Art. 8 Abs. 2 polEVTZG).
Die Übereinkunft und die Satzung der in Polen ansässigen Verbünde werden in Monitor Sądowy i Gospodarczy veröffentlicht (Art. 13 polEVTZG).

2. Brandenburgisches Recht
Dagegen hat das Land Brandenburg diesbezüglich in der Verordnung über die Zuständigkeit zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 1082/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 über den Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) im Land Brandenburg keine Vorschriften diesbezüglich getroffen. Damit ist Art. 5 EVTZ-VO unmittelbar anwendbar, sodass die ev. Registrierung oder Veröffentlichung für die Erlangung der Rechtspersönlichkeit maßgeblich ist.

C. Unionsrechtliche oder nationalrechtliche Rechtspersönlichkeit
Die Verfasser der Analyse "Europäische Verbünde für territoriale Zusammenarbeit" vertreten die Ansicht, dass es sich ohne weiteres um die Rechtspersönlichkeit des europäischen Unionsrechts handelt (EVTZ, 2007, s. 82). Diese Meinung wird durch weitere Autoren in der rechtswissenschaftlichen Literatur bestätigt (ObwexerEVTZAlsNeuesIntrument, S. 51 und 66; TabakaDietrich2010, S. 286). Dafür spricht, dass es sonst nicht notwendig gewesen wäre, dem EVTZ die Rechtspersönlichkeit in Art. 1 Abs. 3 zu gewähren, wenn dies nach dem nationalen Recht bereits erfolgt hätte. Darüber hinaus wäre die Bestimmung von Art. 1 Abs. 4 EVTZ-VO nicht erforderlich, wenn das nationale Recht über den Umfang der Rechtspersönlichkeit entscheiden würde. Letztlich wäre auch Art. 2 Abs. 1 UAbs. 2 EVTZ-VO obsolet, wenn der EVTZ nationalrechtliche Rechtspersönlichkeit erlangen würde. Da er als Körperschaft des Sitzstaates zu behandeln ist, bedeutet dass er keine solche ist (ObwexerEVTZAlsNeuesIntrument, S. 51). Des Weiteren gehen davon die meisten Regelungen der deutschen und österreichischen Bundesländer aus, welche - wie Brandenburg - keine Bestimmungen über den Erwerb der Rechtspersönlichkeit getroffen haben. Damit entscheidet alleine Art. 5 Abs. 1 EVTZ-VO über den Erwerb einer unionsrechtlichen Rechtspersönlichkeit. Dies stellt allerdings polnische Regelungen (insb. Art. 8 Abs. 2 polEVTZ).
Dagegen gehen Pechstein und Deja vom Standpunkt aus, dass dieser Rechtsstreit keiner Entscheidung bedarf. Die Bestimmung in Art. 1 Abs. 3 EVTZ-VO diene ausschließlich der einheitlichen Behandlung von EVTZ als einer juristischen Person in allen EU-Mitgliedstaaten (PechsteinDejaEuR2011, S. 364-365).

Für die europarechtliche Rechtspersönlichkeit sprechen noch weitere Argumente. Nach der EuGH-Entscheidung vom 2.5.2006 (C-436/03), Slg. I-3767 man solle von einer unionsrechtlichen Rechtspersönlichkeit ausgehen, wenn folgende Merkmale der juristischen Person gegeben sind:
  • sie wurde durch EU-Recht eingeführt (insbesondere aufgrund einer unmittelbar anwendbaren Rechtsverordnung),
  • unterliegt vor allem dem EU-Recht (dem steht nicht entgegen, dass weitere Regelungen aus der Satzung resultieren und subsidiär nationale Vorschriften der Sitzstaates angewendet werden);
  • es wird spezifisches Gründungsverfahren etabliert;
  • sie ist mit den juristischen Personen des nationalen Rechts des Sitzstaates aufgrund einer entsprechenden Klausel gleich zu behandeln;
  • ihr Sitz kann von einem Mitgliedstaat in einen anderen ohne die Auflösung und Neugründung verlegt werden (Urteil des EuGH vom 2.5.2006 (C-436/03), Slg. I-3768, Rn. 41-43).
In der EVTZ-VO fehlt die Bestimmung in Bezug auf die Sitzverlegung. Dieses Merkmal ist aber eher nicht als Voraussetzung sondern als Rechtsfolge der unionalen Rechtspersönlichkeit anzusehen.

Ferner ist seit der Reform 2013 der EVTZ auch als weiteres Mittel zur Verwirklichung des Binnenmarktes in den zusammenarbeitenden Regionen (Art. 7 Abs. 2 S. 1 EVTZ-VO). Damit wird auch seine europäische Rechtspersönlichkeit untermauert, da der EVTZ wie andere juristischen Personen des EU-Rechts (europäische Aktiengesellschaft, europäische Genossenschaft sowie bereits geplante europäische Privatgesellschaft und europäische Stiftung) zur Verwirklichung des Binnenmarktes beitragen soll.

D. Juristische Person des Privat- oder des öffentlichen Rechts
Damit ist aber noch nicht entschieden, ob der EVTZ dem Privat- oder dem öffentlichen Rechts zuzuordnen ist. Dies wurde in der EVTZ-VO nicht entschieden. Es fehlt u.a. eine dem Art. 11 Abs. 2 S. 1 Karlsruher Übereinkommen entsprechende Bestimmung. Davon wird die Schlussfolgerung gezogen, dass beide Lösungen denkbar sind (EVTZ, 2007, s. 97). Die Analyse von GEPE weist auf drei Kriterien hin, welche dann über die Art der Rechtspersönlichkeit entscheiden können: übertragene Aufgaben, Recht des Sitzstaates des EVTZ und Wille der Partner (EVTZ, 2007, s. 98).

1. Art von übertragenen Aufgaben
Nach dem ersten Kriterium soll der Charakter der Aufgaben, die auf den EVTZ nach Art. 7 Abs. 1 EVTZ-VO übertragen werden, die öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Rechtspersönlichkeit implizieren. Dem ist aber nicht zu folgen. Zum variiert die Abgrenzung zwischen den öffentlichen und anderen Aufgaben in den EU-Mitgliedtstaaten. Des Weiteren können öffentliche Aufgaben in der Regel auch durch Privatpersonen oder durch Privatrechtsgeschäfte erledigt werden (z.B. durch öffentliche Unternehmen in privater Rechtsform). Es ist wohl unwahrscheinlich, dass z.B. eine nationale GmbH durch die Beauftragung mit einer öffentlichen Aufgabe zur juristischen Person des öffentlichen Rechts wird.
Auf der anderen Seite schließt Art. 7 Abs. 4 EVTZ-VO die Übertragung von hoheitlichen Befugnissen auf den Verbund aus. Es wäre aber zu weitgehend, daraus den Schluss zu ziehen, dass die Verbünde ausschließlich privatem Recht unterstellt werden können (vgl. PechsteinDejaEuR2011, S. 367). Die Ausübung von öffentlichen Aufgaben ohne hoheitliche Befugnisse durch privatrechtliche Maßnahmen oder verwaltungsrechtliche Maßnahmen ohne Hoheitswirkung wird in Europa durchaus praktiziert.


2. Recht des Sitzstaates des EVTZ
Dieses Kriterium könnte seine Verankerung in Art. 2 Abs. 1 UAbs. 2 EVTZ-VO haben. Danach ist der EVTZ als Körperschaft des Mitgliedstaats zu behandeln, in dem er seinen Sitz hat. Mann kann dieser Regelung keinen materiell-rechtlichen Inhalt beimessen. Diese Vorschrift ist daher als Kollisionsnorm zu verstehen, welche das anzuwendende materielle Recht ermitteln lässt, wenn eine Anknüpfung fehlt. Es soll daher vor allem das Recht des Sitzstaates über den Charakter der Rechtspersönlichkeit des EVTZ entscheiden.
Man soll aber beachten, dass andere Staaten die Beteiligung ihrer Einrichtungen an öffentlich-rechtlichen Personen im Ausland ausschließen dürfen. Sollte aber der EVTZ einen öffentlich-rechtlichen Charakter nach dem Recht des Sitzstaates haben, dann kann an die Errichtung eines EVTZ mit den Mitgliedern aus den Ländern, die solches Verbot vorsehen, von Anfang unmöglich sein. Solche Umsetzungsvorschriften würden der wirksamen Anwendung der Verordnung widerprechen (Art. 16 Abs. 1 EVTZ-VO). Die Bestimmungen des Sitzstaates über den Charakter des EVTZ sollen diesem Umstand entsprechend Rechnung tragen und damit flexibel sein.


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